Wer bei „Coverband“ an austauschbare Partyunterhaltung und nachgenudelte Oldies denkt, hat vermutlich noch nie einen Abend mit einer Truppe wie Mind the Gap erlebt. Die Kölner Formation steht exemplarisch für alles, was wirklich gute Coverbands ausmacht: musikalisches Können, erlesener Geschmack und vor allem – Haltung. Statt sich in seelenlosen Top-40-Medleys zu verlieren, bringt die Band Soul und Rhythm and Blues, die Ursuppe aller modernen Popmusik, energiereich und stilsicher auf die Bühnen. Die Sets der Band folgen einer genretreuen Dramaturgie. Up-Tempo-Nummern und Balladen, bekannte Songs und Deep Cuts aus den Katalogen der gecoverten Künstler*innen fügen sich zu einer musikalischen Entdeckungsreise zusammen. Wer, wie Mind the Gap, nach einer kurzen Pause das Publikum mit der Instrumentallegende „Green Onions“ von Booker T. and the MGs zurückholt, macht für meine Geschmacksnerven jedenfalls alles richtig.

Eigene Handschrift

Die Band Mind the Gap überrascht und unterhält, ohne beliebig zu werden. Ihr Repertoire changiert zwischen Klassikern von Bill Withers, Aretha Franklin, Marvin Gaye oder Stevie Wonder bis hin zu liebevoll ausgegrabenen Raritäten – getragen von einem präzisen Sound, einem feinen Gespür für den Groove und immer von eigener Handschrift. Kopf und Gründer der Band ist Gitarrist Hans-Willi Schroiff, vielen aus meinem Netzwerk vor allem als langjähriges Marktforschungs-Mastermind hinter diversen Henkel-Brands bekannt. Erfreulicherweise kreuzen sich unsere Wege immer mal wieder, früher im Kontext von absatzwirtschaft und Marken-Award, heute beim Marketing-Club Düsseldorf. Professor Dr. Hans-Willi Schroiff ist Gründer und CEO von Mindchainge und Honorarprofessor an der Universität Köln. Seine Liebe zur Gitarre und Musik die treibende Kraft hinter Mind the Gap. Fun Fact: Mittlerweile ist Hans-Willi Schroiff der einziger Amateurmusiker seiner Band, der sich, wie er gerne einräumt, zur Decke strecken und üben, üben, üben muss, um mit dem Rest des Ensembles Schritt zu halten. Aber was geht nicht alles, wenn die notwendige Portion Leidenschaft im Spiel ist! Und: Seiner Liebe zu den „Fab Four“ ist es wohl zu verdanken, dass die Band immer wieder mal einen Song der Beatles ins Programm streut.

Mind The Gap

Die Band „Mind the Gap“ (v. l.): Hans-Willi Schroiff, Tilman Mahkorn, Udo Kempen, Susanne Seeber und René Lozynski. Foto: Mind the Gap

Die Stimme der Band ist Susanne Seeber, ausgebildete Sängerin mit soulgetränkter, an Anastacia erinnernde Stimme. Ihre Bühnenpräsenz, ihr Charisma und ihre Kommunikation mit dem Publikum prägen die Konzerte von Mind the Gap. Mitreißend! Den Beat gibt seit gut drei Jahren Udo Kempen vor, ein erfahrener Drummer mit viel Gefühl für Dynamik und Timing. Sein Partner in der Rhythmusgruppe ist Bassist René Lozynski, im Jazz geschulter Musiker mit großer stilistischer Vielfalt und Feingespür. Das US-amerikanische „Jazz-Magazin“ hat ihn mehrfach als „Bassist of the year“ ausgezeichnet. Die Tasteninstrumente sind das Metier von Tilman Mahkorn, der mit seinem feinen Spiel und seiner Erfahrung als Musikpädagoge harmonische Akzente setzt – und auch mal ein paar Takte Rachmaninov in die Songabfolge setzt. So geht Live-Musik, da darf es eigentlich niemanden auf den Stühlen halten.

Inspirierende Zeitreisen

Mind the Gap steht exemplarisch für die hohe Kunst des „Coverns“: nicht abkupfern, sondern interpretieren. Nicht die Charts und Gassenhauer des Pops runternudeln, sondern sich zu einer Musikrichtung bekennen. Eigene Akzente setzen und in Repertoire, Darbietung und Bühnenshow Charakter zeigen – so gerät ein Konzertabend nicht nur zu bester Unterhaltung, sondern animiert das Publikum, in das Genre Rythm ´n Blues und seine Anverwandten tiefer einzutauchen. Als ich die Gruppe im Frühjahr in Düsseldorf endlich live erlebt hatte, prägte das jedenfalls über Tage meine Musikauswahl. Songs wie „River deep, Mountain high“ oder auch „Simply the best“ – beide mit der unvergessenen Tina Turner – hatte ich viel zu lange nicht mehr auf dem Plattenteller.

Der Bandname bedeutet zwar „Achtung, Lücke!“ und meint den Spalt zwischen einem Zug und dem Bahnsteig. Aber als musikbegeisterter Mensch fühlte ich mich animiert, die Leerstellen selbst zu füllen und den Auftritt von Mind the Gap als Auftakt einer spannenden Entdeckungs- respektive Wiederentdeckungsreise zu nehmen. Seither in „heavy rotation“ auf meinem Plattenteller: Isaac Hayes` fantastische Einspielung „Hot Buttered Soul“. Hayes kam zwar, so ich mich recht erinnere, im Programm nicht vor. Aber wo die Inspiration nachklingt, passieren magische Dinge.

Mind The Gap – eine gelungene Band-Positionierung, lieber Hans-Willi Schroiff!